Pferde scheren - Die optimale Vorbereitung und Schur

Welche Komponenten alle bedacht werden sollten, wie ihr ängstlichen Pferden das Scheren erleichtern könnt und wie die Schermaschine richtig gepflegt wird, haben wir für euch recherchiert und zusammen gefasst.

I. Die Varianten der Schur

Bereits mit Ende der Weidesaison (September/Oktober) kommen die Schermaschinen in den meisten Ställen schon wieder zum Einsatz. Von den klassischen Schuren bis hin zu abstrakten Kunstwerken lässt sich vieles finden. Die Schur sollte immer dem Arbeitspensum und der Haltung des Pferdes sowie dem Arbeitsaufwand des Pferdehalters entsprechen. Scheren bedeutet im ersten Schritt vielleicht Erleichterung, um übermäßigem Schwitzen entgegen zu wirken, im zweiten bedeutet es aber auch mehr Verantwortung, Zeit und Geld.

Die verschiedenen Schurarten kann man fast in jedem Stall bestaunen: Vollschur, Ralley-Schnitt, Decken-Schur oder Hunter-Schur bezeichnen nur wenige der zahlreichen Möglichkeiten, die dem Pferdebesitzer Anreiz bieten, um sein Pferd ‚winterfest‘ zu machen. Grundsätzlich gilt natürlich: Pferde müssen prinzipiell nicht geschoren werden, denn das dicke Winterfell übernimmt die Thermoregulation der Pferde in der Regel sehr zuverlässig. Einige Rassen neigen jedoch zu extrem dichtem Fell, auch ältere Pferde können mit dem Fellwechsel leicht überfordert sein. In solchen Fällen ist eine Teil-Schur meist sinnvoll und kann dem Pferd etwas Entlastung ermöglichen. Bei gesunden Pferden sollte sich die Schur immer nach einigen Kriterien richten:

  • Wie wird das Pferd gehalten?
  • Wie viel wird mit dem Pferd gearbeitet?
  • Bin ich bereit entsprechende Decken zu kaufen?
  • Kann ich eine Schermaschine vernünftig bedienen?


Sterne sehen immer gut aus und sind relativ einfach  

 

II. Scheren oder nicht?

Wie in allen Bereichen des Reitsports, gibt es auch in der Frage nach dem Für und Wider in Sachen scheren gegenläufige Meinungen. Wichtig ist, für sich selbst und sein Pferd die beste Möglichkeit zu finden. Ungeschorene Pferde bedeuten auf der einen Seite zwar Zeiteinsparung durch kürzere Abschwitzphasen, auf der anderen Seite müssen die Decken allerdings auch den Außentemperaturen angepasst werden. Es kann durchaus sein, dass nach einigen Tagen Frost wieder Tage mit Temperaturen jenseits der 10 Grad Marke herrschen. In solchen Situationen muss der Pferdehalter dementsprechend flexibel sein und dem Pferd eine dünnere Decke auflegen. Durch die Schur und die Decke ist die Thermoregulation des Fells quasi ausgespielt und das Pferd schwitzt, was im Falle eines folgenden Nachtfrostes leicht zu Erkrankungen führen kann. Der Aspekt der Erkrankungen spricht allerdings auch für eine Schur. Und zwar dann, wenn der Pferdehalter zum Beispiel nach einem langen Ausritt oder einer anstrengenden Trainingseinheit nicht ausreichend Zeit aufwendet, um sein Pferd angemessen ‚trocken‘ zu reiten. Das feuchte Fell ist im Winter Erkältungsursache Nr. 1. Ob Schur oder nicht: Die Verantwortung für das Pferd ist stets gleich groß und sollte nicht unbedacht bleiben.

III. Die optimale Vorbereitung

Für eine gute und pferdegerechte Schur ist die Schermaschine und das übrige Equipment das A und O. Welche Schermaschine in Frage kommt, hängt meistens von der Beschaffenheit des Pferdefells (dick, lang, dünn), der Größe der zu scherende Fläche und auch dem etwaigen Muster ab, was geschoren werden soll. Entsprechende Fachberatungen bekommt ihr direkt bei den Herstellern. Grundsätzlich gilt: Mit Akku betriebene Schermaschinen eignen sich vor allem für kleine Schuren, dünnes Fell oder filigrane Muster. Für große Schuren und dickes Fell eignen sich schwere Maschinen mit Kabel deutlich besser.

Das Fell eures Pferdes sollte absolut trocken sein, also besser an diesem Tag nicht reiten und bei Regen nicht rausstellen. Gründliches Putzen vorab sorgt dafür, dass die Schur schön gleichmäßig wird. Falls ihr euer Pferd nicht komplett schert, solltet ihr euch eventuell mit Kreide die Linien auf dem Fell vorzeichnen. Um nicht ausversehen Mähne oder Schweif mit abzurasieren, könnt ihr das Langhaar einflechten und am Mähnenkamm entlang ein Stück Tape festkleben. Geschoren wird immer gegen die Wuchsrichtung des Fells. Besondere Vorsicht ist bei empfindlichen Körperpartien, wie dem Gesicht, bei Wirbeln und in Knie- oder Ellbogenbeugen geboten. Für diese Stellen solltet ihr euch Jemanden zum Helfen suchen, damit eine Person die entsprechenden Stellen ‚glatt ziehen‘ kann und die andere Person ebendiese vorsichtig schert.

Um eine pferdegerechte Schur zu ermöglichen, ist es besonders ratsam die Schermaschine gut zu pflegen: Dazu gehören zum einen ausreichend scharfe Messer, gut eingestellte Scherköpfe und zum anderen Schermaschinen geeignetes Öl. Bitte nehmt nur original Schermaschinenöl, da bei anderen Ölsorten der Ölfilm auf den Messern reißen kann und diese dadurch erhitzt werden, sich schneller abnutzen und keine vernünftigen Ergebnisse erzielen. Auch während der Schur müssen die Messer immer wieder nachgeölt werden – in welchen Abständen und welchen Mengen, könnt ihr in eurer Bedienungsanleitung nachlesen. Bevor ihr die Schur beginnt, lasst die Maschine einige Sekunden mit dem Öl im Leerlauf laufen und beginnt erst danach.

Nach dem Scheren werden die Maschine mit ihren einzelnen Teilen und auch die Schermesser mit einem feinen Pinsel oder einer Bürste vom restlichen Fell, Schmutz und Öl befreit und gereinigt. Zur Lagerung empfiehlt es sich, die Schermesser auszubauen und an einem geschützten Ort zu lagern. Es müssen nicht nach jeder Schur neue Messer gekauft werden – im Fachhandeln lassen sich die alten Messer wieder schärfen und sind somit für den nächsten Einsatz bereit.

Grundsätzlich sollten die Pferde bereits im Oktober, je nach Wetterlage, geschoren werden. Je dicker und dichter das Winterfell ist, umso schwieriger ist für die Pferde die plötzliche Umstellung. Bei noch relativ milden Temperaturen können deshalb auch die Beine mit geschoren werden.

IV. Bei nervösen Pferden

Eine Schermaschine ist für uns im Prinzip nichts anderes als ein Rasierer in laut, für unsere Pferde ist es allerdings eine Maschine, die nicht nur extrem laute und unbekannte Geräusche von sich gibt, sondern dazu noch erheblich vibriert und diese Maschine möchte der Pferdehalter nun seinem Pferd ins Fell schieben. Dass bei diesem Szenario nicht alle Pferde entspannt bleiben, versteht sich von selbst. Wenn ihr also unerfahrene, nervöse, junge oder ängstliche Pferde habt, spricht vieles dafür sich auf die bevorstehende Schur ausreichend vorzubereiten. Dazu könnt ihr die Schermaschine zum einen schon einige Wochen vorher mit in den Stall bringen und einfach im Leerlauf an lassen. Euer Pferd sollte dabei am besten in seiner Box oder einer anderen ‚sicheren‘  Zone stehen. Wenn sich das Pferd an das Geräusch gewöhnt hat, könnt ihr mit der Schermaschine zunehmend dichter an das Pferd heran treten. Mittlerweile gibt es sogar Schermaschinen, die extra so konzipiert sind, dass die Geräuschkulisse abgemildert ist. Im nächsten Schritt könnt ihr mit der ausgeschalteten Maschine eine Schur improvisieren – natürlich ohne Messer. Drückt sie einfach leicht gegen das Fell und fahrt so den gesamten Pferdekörper vorsichtig ab. Viele Pferde haben vor allem Probleme mit dem Gefühl der Vibration. Hierfür könnt ihr euch zum Beispiel im Ein-Euro-Geschäft einen Massagefrosch/Käfer o.ä. kaufen – dieser vibriert zwar nicht ganz so extrem, kann das Pferd aber schon gut auf das eigentliche Scheren vorbereiten. Wenn ihr nun die ersten ‚Versuche‘ am Pferd wagen wollt, holt euch am besten Unterstützung von anderen Einstellern, die euer Pferd gegebenenfalls beruhigen können. Zu Beginn eignen sich vor allem die akkubetriebenen Schermaschinen, die einerseits leiser sind und andererseits kein Kabel haben, in dem sich das Pferd verfangen kann, falls es doch ängstlich zurück weicht.

- Tipp:

Gebt euch und eurem Pferd genügend Zeit, sich an die Situation zu gewöhnen. Wenn ihr selbst noch keine Erfahrung im Scheren habt, bittet Jemand anderen euer Pferd für euch zu scheren bzw. euch beim Scheren zu ‚überwachen‘.

Falls ihr keine eigene Schermaschine habt, könnt ihr euch auch innerhalb der Stallgemeinschaft eine gemeinsame Maschine zulegen, ansonsten gibt es mittlerweile schon einen Scherservice bzw. Schermaschinen zum Leihen.

 

(Titelbild: Showmaster Schermaschine Professional II von Krämer)