Passende Ausrüstung

Pferde sind Bewegungskünstler, haben sie allerdings punktuellen Druck oder Schmerzen, werden sie ihre Bewegungen so anpassen, dass sie sich dem Druck entziehen können. Das schädigt langfristig die Gesunderhaltung. Ein wichtiger Auslöser kann unpassende Ausrüstung sein.

Alles eine Frage der Ausrüstung

Sattel und Trense zählen jeher zur Standartausrüstung des Pferdes. In den Jahren hat die Auswahl an Equipment rund um den Reitsport derart  zugenommen, dass scheinbar für jede Disziplin, für jedes Problem und für jedes Pferd das passende Stück dabei ist. Unternehmen und Werbekampagnen werben mit dem besten Tragekomfort und der besten Funktionalität – meistens jedoch ohne fundierte Studien darüber. Deshalb ist es essentiell, dass der Reiter selbst bei der Auswahl der Ausrüstung die Verantwortung übernimmt. Das gelingt aber nur durch grundlegende Kenntnisse der Biomechanik des Pferdes. Im Zweifel können unpassende Trensen, Sattel & Co. nicht nur zu andauernden Schmerzen führen, sondern auch langfristig die Leistung beeinträchtigen. So wird zum Beispiel oftmals zu stramm, zu tief oder zu hoch einbandagiert, wodurch ein permanenter Druck auf den Gleichbeinen lastet und die Beweglichkeit von Fessel- und Karpalgelenk gehemmt werden kann. Vieles sind ganz logische Zusammenhänge innerhalb der Bewegungslehre. Problematisch wird die falsche Handhabe dann, wenn die Beweglichkeit durch Ausrüstung dauerhaft eingeschränkt wird, also bei jeder Trainingseinheit, da der Reiter die Einschränkung meist nicht bemerkt. Das Pferd hingegen fühlt die Einschränkung und Hemmung im gesamten Bewegungsablauf – es stellt seine Bewegung um, was langfristig Schäden verursachen kann.

- Erste Anzeichen

Pferde haben eine sehr hohe Schmerztoleranzgrenze und zeigen Schmerzen und Unwohlsein erst recht spät. Viel zu häufig wird die Begründung der Zickigkeit geliefert, wenn das Pferd Fehler macht, Stangen reißt oder Hilfen verweigert, viel zu selten wird der Ursache wirklich auf den Grund gegangen. Gerade in Sachen Ausrüstung gibt es allerdings grundlegende Indizien, für die Reiter sensibilisiert werden sollten: weiße Stichelhaare, wiederkehrende verstopfte Talgdrüsen und Empfindlichkeit beim Putzen. Selbst eine Deformation des Nasenbeins kann durch zu eng geschnürte Nasenriemen beobachtet werden. Das Skelett an sich ist äußerst flexibel. Tritt nun aber starker punktueller Druck auf, verspannen sich die Muskeln und die Beweglichkeit der Wirbelsäule wird eingeschränkt. Das Resultat: Das Pferd ist fest im Rücken und der Reiter kommt nicht mehr zum Sitzen.

- Kauen muss möglich sein

Durch die Empfindlichkeit der Kopfpartie sind falsch oder zu fest verschnallte Trensen häufig eine Ursache für Bewegungseinschränkungen. Besondere Vorsicht ist bei Nasenriemen mit Umlenkrollen geboten, die sehr leicht zu fest angezogen werden. Das natürliche Kauen darf durch das Anziehen der Riemen nicht unterbunden werden. Somit eignet sich neben der Überprüfung mit der Zwei-Finger-Regel, die immer auf dem Nasenrücken durchgeführt werden muss, auch eine Überprüfung der Kaumöglichkeit. Hierbei gibt man dem Pferd mit verschnallter Trense ein Leckerlie – das Kauen darf durch die Verschnallung nicht beeinträchtigt werden. Es ist ein natürlicher Impuls des Pferdes und aus ethologischer Sicht ein Zeichen des Spannungsabbaus. Auch der Sperr- bzw. Kinnriemen darf keinesfalls die Kaubewegung oder Atmung beeinträchtigen. Eine zu fest verschnallte Trense kann fehlende Durchlässigkeit und Anlehnung niemals kompensieren. Dadurch wird lediglich das natürliche Verhalten des Pferdes unterdrückt, zu starkem Zügeldruck durch Aufsperren des Mauls zu entfliehen.

 

- So fest wie nötig, so locker wie möglich

Der Sattelgurt fixiert den Sattel – beides sollte also immer zusammen als Einheit betrachtet werden. Beim Angurten gilt der Grundsatz: so fest wie nötig, so locker wie möglich. Bei Elastikeinsätzen besteht nun die Gefahr, dass zu fest gegurtet wird. Dabei kann sogar der Brustkorb so stark komprimiert werden, dass auch die Funktion von Herz und Lunge beeinträchtigt werden können – das Pferd ist nicht mehr so leistungstark, es ermüdet schneller und die Länge der Schritte verkürzt sich erheblich. In erster Linie wirkt der Gurt auf die Bauchmuskulatur des Pferdes. Diese ist für das Anheben des Rückens und Tragen der Organe zuständig. Wird zuviel Druck ausgeübt, verspannt sich die Bauchmuskulatur und der Effekt des Rückenhebens bleibt aus. Im besten Fall sollte beidseitig angegurtet werden, um eine gleichmäßige Druckverteilung zu gewährleisten. Auch beim Sattelgurt muss auf die korrekte Länge, Lage und Passform geachtet werden. So dürfen die Schnallen keineswegs auf blankem Fell liegen und der Ellenbogen in der Bewegung nicht gegen den Gurt stoßen. Am besten eignen sich anatomisch geformte Gurte, die im Bereich des Ellenbogens ausgeschnitten sind.

- Sitzt, passt und hat Luft

Der Sattel sollte das Bindeglied zwischen Reiter und Pferd darstellen. Sitzt und passt dieser nicht korrekt, kann die feine Kommunikation und Hilfengebung nicht gelingen. Langfristig gesehen können sogar Folgeschäden am empfindlichen Wirbelsäulenkomplex auftreten, die das gesamte Bewegungsmuster des Pferdes hemmen. Der Sattel, das Sattelkissen und der Sattelbaum müssen der Rückenlinie des Pferdes folgen. Oftmals lassen sich Sattelsuchende allerdings von Bildern, Videos oder den sozialen Medien beeinflussen. Somit ist es wichtig, sich möglichst unabhängig und objektiv beraten zu lassen. Informationen zu Sattlereigeschäften in der Nähe findet man in erster Linie recht einfach im Internet, aber auch Mund-zu-Mund-Propaganda zahlt sich durchaus aus. Weiter empfiehlt sich ein Blick in das Angebot des jeweiligen Geschäftes. Werden nur ein paar ausgewählte Hersteller vertrieben, werden einem mit hoher Wahrscheinlichkeit Modelle dieser Marken angeboten. Deshalb ist vorherige Recherche nach Marken und Modellen grundsätzlich sinnvoll. Außerdem sollte sich der Sattelsuchende vorab schon überlegen, was er überhaupt sucht. Welche Reitweise ist angestrebt? Welche Disziplin? Weist mein Pferd Besonderheiten im Exterieur auf? Wie häufig und lange reite ich im Schnitt pro Woche? Und vor allem, wie hoch ist mein Budget? Im Normalfall lassen sich für fast alle Pferde und Reiter passende Sättel finden – zumindest, wenn man dem Markt offen gegenüber steht. Die Anschaffung des Erstsattels ist immer eine besonders hohe Hürde, aber auch danach benötigt der Sattel regelmäßige Kontrolle, um den korrekten Sitz zu gewährleisten. Junge Pferde verändern sich besonders schnell. Aber auch bei erwachsenen Pferden spielen Krankheiten oder Stehzeiten eine entscheidende Rolle. Der Sattel sollte möglichst zweimal im Jahr kontrolliert werden – und zwar nicht nur im Stand, sondern auch in der Bewegung unter dem Reiter. Der Laie erkennt einen schlecht liegenden Sattel meist zu spät, dabei gibt es schon vorzeitige Indizien, auf die jeder Reiter achten kann:

  • weiße Stichelhaare
  • wippender Sattel
  • ungleicher Schweißabdruck nach dem Reiten
  • Empfindlichkeit beim Putzen
  • Unrittigkeit