Der passende Sattelgurt

Kurzgurt, Langgurt, Schnürengurt, Ledergurt oder einer aus Neopren: Sattelgurte gibt es in den verschiedensten Ausführungen und Modellen – aber nicht jeder Gurt passt zu jedem Pferd und auch nicht zu jedem Sattel. Die Auswahl und Passform sollte gut durchdacht und ebenso wie beim Sattel immer wieder überprüft werden. In der Theorie wird das Thema Sattelgurt allerdings eher Stiefmütterlich behandelt: zu fest, zu kurz, zu lang, falsche Lage. Dass bei einem zu festen und nicht gut sitzenden Gurt sowohl die Biomechanik gestört als auch Organe komprimiert werden können, wissen die wenigsten. Sattel und Gurt gehören zusammen, beide Ausrüstungsgegenstände bedingen sich gegenseitig. Die Frage nach dem richtigen Gurt wirft also weit mehr Fragen auf, als die richtige Länge.

Wo liegt der Gurt – Anatomische Grundlagen

Der Sattelgurt stabilisiert den Sitz des Sattels und sorgt für den nötigen Halt. Damit liegt er aber auch genau auf empfindlichen Strukturen am Bauch: Bauchmuskulatur, Brustmuskulatur, Hautmuskel sowie Faszien, Rippen und Brustbein. In tieferen Schichten hat der Sattelgurt aber auch Einfluss auf Organe wie Lunge und Herz. Wissenschaftliche Studien aus England haben gezeigt, dass der höchste Druck nicht wie angenommen auf dem Brustbein lastet, sondern direkt hinter dem Ellenbogen. Aus diesem Grund sollte ein Gurt auch immer in Bewegung begutachtet werden: Stößt der Gurt an den Ellenbogen? Wirft der Gurt Hautfalten? Liegt der Gurt in der Gurtlage? Ist er zu fest gegurtet? All das kann sich auf die Biomechanik auswirken und das Pferd in der Bewegung stören oder behindern. So kann das Untertreten der Hinterhand sowie das Vorfußen der Vorhand verkürzt werden.

Die Wahl des richtigen Gurtes

Bei der Auswahl eines Gurtes sollte auf verschiedene Kriterien geachtet werden. Nicht jeder Gurt passt zu jedem Pferd und auch nicht zu jedem Sattel.

Die Gurtlänge

Die Gurtlänge hängt vom Umfang des Pferdes ab, aber auch von der Länge der Gurtstrippen. Ein Langgurt sollte so lang sein, dass er ungefähr in der Mitte der Gurtstrippen verschnallt werden kann. Ein Kurzgurt sollte immer unterlegte Schnallen haben, die nicht gegen den Ellbogen stoßen dürfen – auch nicht in der Bewegung – und nicht auf blanker Haut liegen dürfen. Zum korrekten Ausmessen der Gurtlänge sollte der Sattel belastet sein, weil das Reitergewicht den Sattel gewissermaßen nach unten drückt, was sich auf die Gurtlänge auswirkt. Gemessen wird von Schnallenoberkante zu Schnallenoberkante.

Sattel und Sattelgurt

Der Sattel bedingt die Wahl des Sattelgurts insoweit, dass die Gurtstrippen vorgeben, ob ein Lang- oder Kurzgurt benötigt wird. Üblicherweise haben Dressursättel lange Gurtstrippen und benötigen deshalb einen Kurzgurt, hingegen Spring- und Vielseitigkeitssättel einen Langgurt benötigen. Mittlerweile haben sich aber viele Sattelhersteller auf die Wünsche der Kunden angepasst, sodass bei einem angefertigten Sattel auch oftmals die Länge der Gurtstrippen mitbestimmt werden kann. Falls die Gurtlage dicht am Ellbogen verläuft, kann die Verwendung anatomisch geschnittener Gurte sinnvoll sein. Ein guter Sattelgurt sollte den Sattel in Verbindung mit den Gurtstrippen auf dem Pferd stabilisieren und ein seitliches Hin- und Herrutschen auf dem Pferderücken vermeiden. Auch verschiedene Gurtsysteme können ein Verrutschen oder Wippen des Sattels reduzieren. So ist die hintere Gurtstrippe bei der Y-Gurtung besonders am Sattelbaum befestigt. Die Befestigung teilt sich dabei in zwei verschiedene Riemen, von denen der eine zur Mitte des Sattelbaums geführt wird und der andere zum hinteren Teil des Sattelbaums. Bei Gurten mit breitem Teller in der Gurtmitte sollte man unbedingt darauf achten, dass ein möglichst gleichmäßiger Zug auf Vorder- und Hinterkante des Gurtes gewährleistet ist.

Druckverteilung

Der vom Sattelgurt ausgeübte Druck hängt natürlich immer mit den Art und Intensität des Gurtens zusammen. Aber auch die Form entscheidet darüber, inwieweit der Druck verteilt wird. Viele Sattelgurte haben mittlerweile ein breiteres Mittelteil, womit der Druck besser verteilt wird. Solche Gurte können vor allem bei gurtempfindlichen Pferden sehr hilfreich sein. Aber auch zu dicke Gurte können vermehrt Druck ausüben. Ebenso Fellüberzüge, diese engen das Pferd zusätzlich ein und verschlimmern das Problem noch.

Die richtige Pflege

Der Sattelgurt sollte wie der Sattel regelmäßig gereinigt werden. Sichtbare Verschmutzungen sollten direkt nach dem Reiten entfernt werden. Stärkere Verschmutzungen werden bei Ledergurten mit Sattelseife entfernt, bei Kunststoffgurten mit Wasser. Vor allem bei Fellgurten ist auf eine gute Pflege zu achten. Wenn die Fasern verkleben erzeugt das wiederum Druckstellen am empfindlichen Pferdebauch und auch die Gefahr von Hautreizungen wird erhöht.

Die richtige Gurtung

Druck entsteht vor allem dann, wenn zu fest gegurtet wird – und das ist in der Praxis oftmals der Fall.  Der Gurt sollte niemals fest angeruckt werden, vorsichtiges Gurten ist ein Wohlfühl-Muss. Auch die weitverbreitete Annahme, dass nach dem Aufsitzen immer nur links gegurtet werden soll, birgt einige Gefahren: Wenn einseitig immer mehr Druck am Pferd lastet, dann kann auch das die Strukturen förmlich verschieben – das Pferd wird schief. Parallelität ist wichtig. Dementsprechend sollte beim Gurten immer wieder die Seite gewechselt werden. Eine zu straffe Gurtung hat sogar Einfluss auf die Leistungsfähigkeit, hat eine australische Untersuchung bei Rennpferden ergeben. Das liegt an der starken Kompression von Lunge und Herz. Vor allem auch magenempfindliche Pferde leiden unter zu starkem Gurtdruck.