Was braucht mein Pferd? – Ein Blick auf die Fütterung

Ernährungsphysiologisch ist das Steppentier Pferd auf eine beinahe kontinuierliche Nahrungsaufnahme ausgelegt, im Schnitt also ein Fressbedürfnis von 16-18 Stunden pro Tag. Dabei kann das Pferd ca. 2,5 % an Trockenmasse in Bezug auf das Körpergewicht aufnehmen. In Anbetracht des schrumpfenden Weidelandes ist ein Zufüttern also unumgänglich.

Diätfutter vs. Ergänzungsfutter

Der Markt bietet neben klassischen Einzelfuttermitteln wie Hafer und Mais, Mischfutter wie Müslis und Zusatz- bzw. Ergänzungsfutter. Durch das gestiegene Bewusstsein zur Pferdefütterung und Gesunderhaltung erleben Ergänzungsfuttermittel ein regelrechtes Hoch: Für scheinbar jedes Problem gibt es ein entsprechendes Zusatzfutter – da liegt aber auch das Problem: Es wird oftmals zu viel gefüttert und viele Futtermittel sind in ihrer Wirkweise gar nicht wissenschaftlich untersucht. Futtermittel mit tatsächlichem Gesundheitsaspekt werden Diätfuttermittel genannt. Man unterscheidet also zwischen Diätfuttermittel und Ergänzungsfutter. Unter Diätfuttermitteln sind Futtermittel für bestimmte Ernährungszwecke zusammengefasst, die einen Krankheitszustand positiv beeinflussen.

  

Vorsicht vor Überfütterung

Die meisten Mischfuttersorten sind im Vergleich zu Einzelfuttermitteln bereits vitaminisiert und mineralisiert, dabei zielt allerdings jeder Hersteller auf ein anderes Fütterungskonzept ab. Die Kombination von Futtermitteln von verschiedenen Herstellern kann also ganz schnell zu einer Überversorgung führen. Alle Futtermittelhersteller unterliegen zwar strengen Vorgaben und Kontrollen, aber dennoch sollten die Inhaltsstoffe genau analysiert und die Futtermenge abgewogen werden. Nach Fütterungsempfehlung gefüttert, benötigt man bei  mineralisiertem und vitaminisiertem Müsli kein zusätzliches Mineralfutter mehr, andere Hersteller wiederum bieten Müslis nicht mineralisiert an und setzen auf zusätzliches Mineralfutter. Genauso bei Ergänzungen für die Haut, die Muskeln oder die Hufe. Die Zusammensetzungen unterscheiden sich oft stark, wodurch Höchstmengen leicht überschritten werden können. Viele Mineralstoffe können sich in ihrer Wirkweise gegenseitig beeinflussen und sich sogar als gesundheitsschädlich erweisen. Aller Überschuss strapaziert Organe wie Leber und Niere. Ein Calciumüberschuss zum Beispiel beeinflusst die Zinkverwertung nachteilig. Vitamin- und Mineralfutter sollte also immer nur bedarfsdeckend eingesetzt werden.

Rationsberechnung

Um eine Über- und Unterversorgung zu umgehen, sollte die Versorgung mit Energie-, Protein sowie Spuren- und Mengenelementen anhand der Berechnung der Futterration bestimmt werden. Dabei muss die Gesamtration einbezogen werden, also auch Einzelfuttermittel, Heu und sämtliche Ergänzungsfuttermittel. Anhand der Rationskalkulation kann sich ein Pferdehalter überhaupt erst mal ein Bild von der Versorgung seines Tieres machen und danach gegebenenfalls durch weitere Futtermittel ergänzen. In der Realität ist es oft so, dass die meisten Pferde überversorgt und zu dick sind.

   

Body Condition Score

Als Maßstab zur Beurteilung der Körperfülle kann der Body Condition Score helfen. Hierbei werden sechs bestimmte Körperregionen begutachtet und auf einer Skala von 1-9 bewertet. Neben dem Ernährungszustand, der vielfach falsch eingeschätzt wird, ist es in erster Linie auch die deutlich überschätzte Belastungsintensität, die zu einer Energieüberversorgung führt. Die allermeisten Pferde werden in der Regel nur leicht gearbeitet – das umfasst bereits eine Stunde Arbeit mit 30 Minuten Schritt, 20 Minuten Trab und 10 Minuten Galopp. Pferde, die auf diesem Niveau etwa fünfmal die Woche gearbeitet werden, haben nur einen zusätzlichen Energiebedarf von 20% über dem Erhaltungsniveau. Wenn der Grundbedarf in Abhängigkeit des Körpergewichtes und die Versorgung des Pferdes berechnet ist, wird die Kalkulation durch weitere Faktoren ergänzt: Arbeitsintensität, Ernährungszustand, gesundheitliche Probleme, Stress, übermäßiges Schwitzen, Außentemperatur, Alter, Zahngesundheit usw.  Bei allen Werbungen und Versprechungen sollte aber auch der Pferdehalter eine wichtige Beobachterrolle übernehmen: Ich sollte mich also fragen, sieht mein Pferd gut aus? Glänzt das Fell? Ist es leistungsbereit? Sind die Hufe in Ordnung?

Back to the roots

Es ist in vielen Ställen ein leidiges Thema: Das Heu. Die Heuqualität ist in den letzten Jahren immer schlechter geworden, die Schimmelpilzkonzentrationen nehmen zu, der Eiweißgehalt nimmt ab und oftmals wird zu wenig gefüttert. Wer ein ungutes Gefühl hinsichtlich der Qualität macht, der kann das Heu mittels Nährstoffanalyse untersuchen lassen.  Auf dieser Basis kann die Ration entsprechend kalkuliert und durch Ergänzungsfuttermittel sinnvoll ergänzt werden und man erfährt, ob das Heu der Qualität entspricht, die man sich für sein Pferd wünscht. Die meisten Nährstoffe erhält das Pferd bereits, wenn es artgerecht gehalten wird: mit Zugang zu Weidegras, Licht, Luft, Bewegung und Raufutter. Nur wenn die Grundlagen stimmen, kann ein Pferd gesund bleiben.

 

Im Überblick

Mineralien werden in Spurenelemente und Mengenelemente unterschieden, was sich auf den Bedarf zurückzuführen lässt.

Mengenelemente

  • Calcium: Baustein des Knochengerüsts, Beteiligung Energiestoffwechsel
  • Phosphor: Baustein des Knochengerüsts
  • Magnesium: entscheidend für Enzyme im Muskel- und Nervengewebe
  • Natrium: Regulation des Säure-Basen- und Wasserhaushalts
  • Chlor: Regulation des Säure-Basen- und Wasserhaushalts

Spurenelemente

  • Eisen: Bildung von Hämoglobin, wichtig für Sauerstofftransport
  • Kupfer: Blutbildung, Aufrechterhaltung Bindegewebsfunktion, entscheidend für Knochen- und Knorpelentwicklung sowie Nervengewebe
  • Zink: Bestandteil von Enzymen im Kohlenhydrat- und Eiweißstoffwechsel, entscheidend für Haut- und Haarstoffwechsel
  • Mangan: wichtiger Faktor in Enzymen für Mineral- und Fettstoffwechsel
  • Kobalt: Zentralatom von Vitamin B-12
  • Jod: Bestandteil des Schilddrüsenhormons
  • Selen: Schutz der Zellmembran, insbesondere der Muskulatur, Überversorgung kann zu schwerwiegenden Störungen führen

Vitamine spielen in vielen Stoffwechselprozessen eine wichtige Rolle. Mangelerscheinungen können sich ganz unterschiedlich äußern. Einige Vitamine wie die wasserlöslichen B-Vitamine, Vitamin K sowie Vitamin C können vom Pferd selbst gebildet und müssen nicht von außen zugeführt werden.

Vitamine

  • Vitamin A: Schutz der Haut und Schleimhäute, positive Wirkung für Sehkraft und Fruchtbarkeit
  • Vitamin D: Förderung der Aufnahme und Einlagerung von Calcium
  • Vitamin E: Schutz der Zellen
  • Vitamin K: Blutgerinnungsfaktor
  • Vitamin B1: Kohlenhydratstoffwechsel
  • Vitamin B2: Bestandteil von Enzymen
  • Vitamin B12: Enzymwirkung
  • Biotin: wichtig für Haut, Hufe und Haar
  • Folsäure: Stoffwechsel von Kohlenstoff